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Befangenheitsantrag: Finanzgericht darf Ablehnungsgesuch nicht einfach übergehen

Beteiligte eines Finanzgerichtsprozesses haben die Möglichkeit, einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Hierfür müssen sie Gründe vortragen, die dazu geeignet sind, das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.

Hinweis: Wird ein gestellter Befangenheitsantrag einfach übergangen, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt, so dass ein Verfahrensmangel vorliegt, der die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eröffnet.

Ein neuer BFH-Beschluss zeigt, dass ein Gericht zunächst über jedes einzelne Ablehnungsgesuch entscheiden muss, bevor es in der Sache selbst urteilt. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger in Erfahrung gebracht, dass die Einzelrichterin vor der mündlichen Verhandlung "verdeckt" mit dem beklagten Finanzamt kommuniziert hatte.

Kurz vor der Verhandlung faxte der Kläger daraufhin ein erstes Ablehnungsgesuch an das Gericht. Wenig später erklärte er noch einmal telefonisch die Ablehnung der Einzelrichterin. Nach Auskunft des Klägers habe die Einzelrichterin am Telefon mitgeteilt, dass die mündliche Verhandlung trotzdem stattfinde und "nach Ablehnung des Gesuchs gleich weiter gemacht werden würde". Die mündliche Verhandlung wurde später von der Einzelrichterin eröffnet und vertagt. Nachdem das Finanzgericht (FG) das erste (per Fax übersandte) Ablehnungsgesuch per Beschluss zurückgewiesen hatte, erging in dem Rechtsstreit schließlich ein klageabweisendes Urteil.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hin wurde das finanzgerichtliche Urteil nun vom BFH aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Die Bundesrichter erklärten, dass das FG nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, da über das zweite (telefonische) Ablehnungsgesuch gar nicht entschieden worden sei. Im Beschluss über die Zurückweisung wurde das aktenkundige telefonische Ablehnungsgesuch gar nicht erwähnt. Da es noch nicht "aus der Welt" war und somit eigenständig zu betrachten gewesen wäre, hätte das Verfahren somit nicht fortgeführt und durch Urteil beendet werden dürfen.

Hinweis: Ein abgelehnter Richter darf nach den Vorschriften der Finanzgerichts- und der Zivilprozessordnung vor der Erledigung eines Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vornehmen, die keinen Aufschub gestatten. Die Richterin im Entscheidungsfall hatte diesen Handlungsrahmen deutlich überschritten.

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(aus: Ausgabe 08/2019)

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